Octavianus Augustus.
43
umhangen mit den Fellen wilder Thiere, die sie erlegt hatten.
Durch das Leben in der freien Natur und die einfache Kost wurde
ihr Körper kräftig und groß. Nächst der Jagd war Krieg ihre
höchste Lust. Befand sich das Vaterland im Frieden, so zogen
sie wohl in ganzen Schaaren hinaus, fielen in die römischen
Besitzungen und suchten draußen Kampf und Beute.
Die Nachbarschaft eines solchen Volkes mußte wohl den
Römern sehr lästig fallen. Da schickte Augustus seinen Stiefsohn
Drusus nach Deutschland, und dieser drang sogar bis zur Elbe
vor; allein seine Züge waren keine Eroberungen. Die Deutschen
wichen in ihre Wälder zurück, brachen dann aber plötzlich aus dem
Dickicht hervor und überfielen in unwegsamen Gegenden die ermü-
deten Feinde. So wurde das Verlorene schnell wieder erobert.
Als die Römer späterhin ihre Sprache, Gesetze und Sitten den
Deutschen aufdringen wollten, fanden sie um so heftigern Wider-
stand. Während der Konsul Var ns mit solchen Plänen umging,
stand ein junger Fürst, aus dem Volke der Cherusker am Harz,
als Retter deutscher Freiheit auf. Es war Hermann oder
Arminius, wie ihn die Römer nannten. Seinem wohlüber-
legten Entschlüsse folgte rasche That. Um Varus vom Rhein weg
in das innere Deutschland zu locken, meldete man ihm, es sei ein
Aufstand unter den Völkern an der Weser ausgebrochen. Die
deutschen Oberhäupter, insgeheim Freunde des Hermann und mit
seinen Absichten bekannt, rathen dem Varus hinzuziehen und die
Empörung zu dämpfen. Sie selbst versprechen ihm, mit ihren
Völkern zu ihm zu stoßen. Der sorglose Varus geht in alle
Schlingen, welche ihm gelegt werden. Er bricht mit 40,000 Mann
auf und dringt in den teutoburger Wald. Nirgends findet er
gebahnte Wege, überall dichtverwachsenes Gehölz. Heftig herab-
strömender Regen, schlüpfriger, sumpfiger Boden hemmen die
Schritte seiner schwer bewaffneten Krieger. Fürchterliche Stürme
brausen in den Gipfeln der Bäume und vermehren den Schrecken.
Da verläßt Hermann den Hinterhalt, aus welchem er die Bewe-
gungen der Römer beobachtet hat. Auch die übrigen Fürsten lan-
gen mit ihren Völkern an; Varus wird von allen Seiten umringt.
Drei Tage und drei Nächte kämpfte der Ueberlistete mit seinen
ermatteten Soldaten gegen Feind und Ungewitter an; nirgends
erschien Rettung, nirgends Hilfe; da stürzte er sich aus Ver-
zweiflung in sein Schwert. Nur wenige Römer entkamen, fast
alle fielen von der Hand der Deutschen, i. I. 9 nach Christus.
Die Nachricht von dieser Niederlage verbreitete zu Rom
Furcht und Entsetzen. Augustus ließ sich Bart und Haare wachsen,
rannte wie ein Wahnsinniger mit dem Kopfe gegen die Wand und
rief: „Varus, Varus, gib mir meine Legionen wieder!"
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Extrahierte Personennamen: Augustus Augustus Drusus Hermann Varus Hermann Varus Varus Hermann Varus Christus Augustus Varus
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Rhein Deutschland
46
Geschichte.
Titus, sein Sohn, hatte keine größere Freude, als Menschen
glücklich zu machen. Verlebte er einen Tag, an welchem er
Keinem eine Wohlthat erwiesen hatte, so sagte er: „Ich habe
einen Tag verloren!" — Im zweiten Jahrhundert gab es einige
treffliche Kaiser, als: Trajan, Hadrian, Antonlnus Pius,
Marcus Aurelius. Dann folgte eine Reihe meist abscheu-
licher Herrscher. Das Reich verfiel immer mehr. Von Norden
drängten deutsche Volksstämme heran. Die meisten der römischen
Kaiser, vom Jahre 180 an, waren Wüthriche, die mit den
unerhörtesten Gräueln ihre Regierung befleckten und unendlichen
Jammer über die Menschen brachten. Die Soldaten setzten
nach Gefallen Kaiser ein und ab und tödteten die wenigen bessern,
welche es versuchten, dib Ordnung wieder herzustellen. In
dieser allgemeinen Noth mnd Verwirrung bereitete die göttliche
Vorsehung den Menschen eine bessere Zeit vor durch die feste
Begründung des Christenthums unter dem Kaiser
Konstantin und durch die bald darauf erfolgte Völker-
wanderung.
Konstantin war der erste römische Kaiser, der im Jahre
311 öffentlich als Beschützerder Christen auftrat. Er
begünstigte und besoldete ihre Lehrer, ließ sich und die Seinigen
im christlichen Glauben unterrichten, hielt viele Christen in seiner
Nähe und ging mit ihnen vertraulich um. Es wurden Kirchen
gebaut und herrlich ausgeschmückt.
Wie glücklich mußten sich jetzt die Christen nach so langen
Verfolgungen fühlen, in Konstantin einen wohlwollenden Freund
zu besitzen! Freudig strömten sie von allen «Leiten herbei und
nahmen Dienste in seinem Heere. Wohl mochte Konstantin auch
vorausgesehen haben, wie viel ihm die zahlreichen Christen bei
den Kämpfen gegen seine Mitherrscher helfen könnten. Als er
nämlich die Regierung antrat, hatte er deren fünf. Mit dem
Beistände der Christen stürzte er einen nach dem andern. In
den Heereszügen, wo sonst Adler und Götzenbilder vorangetragen
wurden, wehete von nun an die Fahne des Kreuzes
und führte von Sieg zu Sieg. Nach siebzehnjährigen blutigen
Kriegen war Konstantin der alleinige Beherrscher des Reichs.
Wie viele Christen schon zu seiner Zeit lebten, beweiset die
Kirchenversammlung zuikicäa, hei welcher nicht weniger
als 318 Bischöfe erschienen. •
Konstantin verbot zuletzt das Opfern m den heidnischen
Tempeln ganz und machte sich dadurch die Priester zu Feinden.
Das mochte wohl mit die Ursache sein, weswegen er seinen
Sitz nach Byzanz verlegte. Auch lag diese Stadt mehr in der
Mitte des Reichs. Hier ließ er schöne Kirchen, Paläste und
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Extrahierte Personennamen: Hadrian Marcus_Aurelius Konstantin Konstantin Konstantin Konstantin Konstantin
48
Geschichte.
die ersten Keime seiner Bildung und des bessern Landbaues.
Mit unerschütterlichem Muthe drangen Mönche in Deutschlands
Wälder, unter zahllosen Mühen, Gefahren und Drangsalen
stürzten sie den heidnischen Aberglauben, kämpften gegen rohe
und grausame Gebräuche und gewöhnten das Volk an menschliches
Recht, an das göttliche Gesetz.
Nach Konstantin des Großen Tode kamen wieder schwache
und schlechte Kaiser auf den Thron; Noth, Verwirrung und
Bedrängnisse nahmen daher von neuem überhand. Da trat
zu Ende des vierten Jahrhunderts ein kräftiger Kaiser auf,
Theodosius der Große, der für einige Zeit Ruhe und
Ordnung schaffte. Er hatte zwei Söhne, und da er wohl einsah,
daß das ganze Reich zu regieren für einen zu schwer sein
möchte, so theilte er es in zwei große Theile und gab
dem einen die östliche, dem andern die westliche Hälfte. Es
entstanden also zu Ende des vierten Jahrhunderts zwei Kaiser-
thümer, das morgenländische oder griechische mit der
Hauptstadt Konstantinopel, und das abendländische oder
römische mit der Hauptstadt Rom. Die Grenze, welche sie
schied, ging nördlich von dem adriatischen Meere durch das heutige
Ungarn. Diese Trennung brachte in der Folge große Nachtheile.
Die Herrscher beider Reiche wurden bald uneins; sie traten feind-
lich gegen einander auf, statt sich zu vereinigen und den andringen-
den deutschen Völkern gemeinschaftlich zu widerstehen. Daher ging
auch das eine dieser Reiche, das abendländische, bald unter, das
andere erhielt sich aber 1000 Jahre länger.
. Vj Große Völkerwanderung. Die Hunnen. Attila. -'/4'
Zu Ansang des fünften Jahrhunderts entstand im mittlern
und östlichen Europa eine gewaltige Gährung. Ganze Völker
verließen ihre Wohnsitze und drängten sich auf ihre südlichen oder
westlichen Nachbarn; diese trieben wieder die anwohnenden weiter.
Die so bedeutenden Züge und Wanderungen wurden von den
Hunnen, einem Volke aus der heutigen Mongolei, veranlaßt.
Sie wälzten sich in Schaaren zu Hunderttausenden über die Wolga
nach Europa, gleich einer ungeheuren Fluth, und vertrieben die
dort wohnenden Gothen, welche deutschen Stammes waren.
Ein alter Geschichtsschreiber schildert die Hunnen als ein Reiter-
volk von fürchterlicher Wildheit und grimmigem Ansehen. „ Sie
zerschneiden sich," sagt er, „in der Kindheit mit vielen Rissen
Kinn und Wangen, um das Wachsen der Haare zu verhindern.
Sie sind klein und dick, mit einem fleischigen Halse, breiten
Schultern, einem übermäßig großen Kopfe und breitem Gesichte,
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Extrahierte Personennamen: Konstantin Theodosius_der_Große Attila
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Konstantinopel Rom Ungarn Europa Mongolei Europa
50
Geschichte.
Hoffnung und überzog Italien. Unter den fürchterlichsten Ver-
wüstungen näherte er sich schon der Hauptstadt. Da nahm der
Papst Leo den Bischofstab in seine Hand, ging an der Spitze der
Vornehmsten in das hunnische Lager, brachte dem Attila reiche
Geschenke und mahnte ihn ab, nach Rom zu kommen. Die
ehrwürdige Gestalt des Greises mit silberweißem Barte und die
eindringliche Rede wirkte auf den wilden Krieger. Er ließ sich
besänftigen und kehrte zurück. Bald nachher starb er plötzlich in
Ungarn. Die Hunnen legten ihn in einen goldenen Sarg, diesen
in einen silbernen und beide in einen eisernen. Dann wurde
er unter kriegerischen Gesängen beerdiget. Diejenigen aber, welche
das Grab gemacht hatten, brachte man um, damit Niemand
verrathe, wo der große Hunnenkönig ruhe.
Das westliche Kaiserthum bestand fast nur aus Jtaliön.
Da kam Romulus Augustus, noch ein Knabe, zur Regierung.
Odoaker, ein Anführer deutscher Soldaten in römischen Dien-
sten, empörte sich gegen den Schattenkaiser und setzte ihn im
Jahre 476 ab. Er selbst nannte sich König von Italien. Mit
einem Romulus begann und hörte also auch das römische
Reich auf. - ■■■ f
Imuhamed.
Die Araber sind ein uraltes Voll, das in der heiligen Schrift
oft genannt wird. Sie bewohnen eine große Halbinsel, welche
weite Sandwüsten, öde Felsengebirge und nur wenige ganz
fruchtbare Landschaften enthält. Die Einwohner sind bei ihrer
Armuth gastfrei und gutmüthig. Ihr Körper ist stark und
geschmeidig, ihr Ansehen offen und heiter, und ausgezeichnet
die Lebhaftigkeit ihres Geistes. Unter diesem Volke ward, 570.
Muhamed in der Stadt Mekka geboren. Er verlor noch als
Kind seine Eltern. Da nahm ihn ein Oheim zu sich, der ihn für
den Kaufmannsstand bestimmte und mit seinen Karavanen nach
der Gegend des Euphrats, nach Syrien und Palästina sandte. —
Muhamed war ein schöner Mann, von kraftvoller Gesundheit und
würdevollem Blick, er besaß eine einschmeichelnde Beredsamkeit,
hohe Klugheit und kühnen Muth: lauter Eigenschaften, durch die
er sich leicht die Zuneigung der Menschen gewann.
Nachdem er noch einige große Reisen gemacht und dabei die
Religion und Sitten der Menschen genau beobachtet hatte, gab er
die Handlung auf und zog sich in die Einsamkeit zurück. Ganze Tage
brachte er in düstern Höhlen und schauerlichen Felsklüften zu. Sein
geheimnißvolles Wesen erfüllte die Seinigen mit wunderbaren
Ahnungen. Dort in stiller Einsamkeit grübelte er über Religions-
gegenstände. Der Glaube, in dem er erzogen war, Moses und
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Extrahierte Personennamen: Leo Leo Attila Romulus_Augustus Augustus Palästina Muth
Extrahierte Ortsnamen: Italien Rom Ungarn Italien Mekka Syrien
Das Christenthum in Deutschland. Bonifacius. 55
Die (Sbein (Ebelinge) kämpften wohl auch zu Pferbe (boch hatten
sie keine Sättel, die sie als Zeichen der Weichlichkeit verachteten) ;
im Augenblicke der Gefahr floh der Fußgänger, an der Mähne
des Pferbes sich haltend, aus dem Kampfe; kehrte aber, mit
neuem Muthe beseelt, bald zurück. Drohte dem Lande ein Feind,
so wurden die freien, wehrhaften Männer aller Gaue zu den
Waffen gerufen — das war der Heerbann ober die Landwehr.
Im Kampfe standen die einzelnen Gemeinden und Familien neben
einander, die Beute wurde unter alle gleich vertheilt, das beste
Stück war der Preis des Tapfersten, des Anführers, der im
Frieden wieder in die Reihe der übrigen zurücktrat, ohne einen
Vorzug zu genießen. Dem Zuge der Kämpfer folgten die Weiber
auf unzähligen Karren, die zugleich zur Deckung des Lagers, das
sie kreisförmig umgaben, dienten. Vor dem Angriffe ertönten
kriegerische Instrumente, Hörner von Auerochsen; die Schilde
wurden schrecklich dröhnend aneinander geschlagen, und mit einem
fürchterkchen Kriegsgeschrei begann der Angriff. Von der Wagen-
burg herab vernahm der Krieger der Kinder Geschrei, der Weiber
erweckenden Zuruf. — Arme kriegerische Jünglinge schloffen sich
an vornehmere, oder an den Vorsteher des Gaues, folgten ihm
in allen Zügen und waren ihm auf Leben und Tod verbunden.
Des Anführers Gefangennehmung oder Tod zu überleben, war
ein ewiger Schimpf. Der Anführer sorgte für Waffen und
Lebensunterhalt seines Gefolges, das einem stehenden Heere
vergleichbar war. Krieg mußte ihm daher stets erwünscht sein,
um von der gemachten Beute den Unterhalt des Gefolges bestreiten
zu können. Waltete in der Heimath Friede, so suchten sie draußen
Kampf und Beute, ja sie dienten wohl gar fremden Nationen,
wie den Römern zu Augustus Zeiten.
Als der römische Staat immer mehr zerfiel, das Volk immer
kraftloser ward, nahmen die Kaiser ganze deutsche Völkerschaften
in Sold, und diese setzten sich dann im römischen Gebiete fest,
und es entstanden so überall deutsche Reiche, wie das ostgothische
in Ungarn. Die Sueven wohnten in Portugal, in Spanien
und im südlichen Frankreich die Westgothen. Um die Rhone bis
in die Schweiz saßen die Burgunder, am Niederrhein die Franken,
an der Elbe zwischen Ost- und Nordsee die Sachsen, mit denen
die Friesen an der Nordseeküste in Verbindung standen. Mitten
in Deutschland, am Main und an der Saale, wohnten die
Thüringer, in Süddeutschland am Schwarzwalde die Allemannen,
ein mächtiger Bund verschiedener Stämme; unterhalb der Donau
bis an die Ems die Boher oder Bayern, durch den Lech von den
Allemannen getrennt. Italien hielt Odoaker mit Herulern und
Rugiern (früher in Pommern) besetzt; nach Britannien waren
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Extrahierte Personennamen: Bonifacius Augustus
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Ungarn Portugal Spanien Frankreich Westgothen Nordsee Sachsen Deutschland Main Schwarzwalde Donau Italien Pommern Britannien
Das Christenthum in Deutschland. Bonifacius. 57
Seidenzucht in Europa ein. Doch fanden die großen Männer
selten den Lohn für ihre Verdienste; wie Belisar, so wurde der
siegreiche Narses von den neidischen Großen beim Kaiser ange-
schwärzt und unter bitteren Kränkungen von seinem Posten in
Italien abberufen. Er ging nicht nach Konstantinopel, sondern
nach Neapel, sandte Boten an die in Ungarn hausenden Longo-
barden und ließ ihnen sagen: sie möchten das armselige Panno-
nien verlassen und von dem gesegneten Italien Besitz nehmen.
Alboin, König der Longobardcn, brach mit seinem ganzen Volke
und 20,000 Sachsen auf, bereitete überall Furcht und Schrecken
wie ein zweiter Attila und gründete ein neues Reich, noch heut
die Lombardei genannt. Das war die letzte Bewegung der
großen Völkerwanderung.
Unter'allen den Reichen, die auf den Trümmern des römischen
gegründet wurden, hatte nur das fränkische Dauer. Im
Jahre482 stand unter den Franken ein König auf, Chlodwigs
aus der Königsfamilie der Merowinger. Er war ein kriegslustiger,
herrschsüchtiger Mann, dessen ganzer Sinn nur aus Erweiterung
seiner Herrschaft gerichtet war. Mit den übrigen Fürsten der
fränkischen Stämme schloß er Bündnisse zur Vernichtung der
feindlichen Völker; hatte er seinen Zweck erreicht, so entzweite er
seine Helfer (die seine Verwandten waren), fiel sie einzeln an,
besiegte einen nach dem andern und vereinigte ihre Länder mit
den seinigen. Auch vertrieb er die letzten Römer aus Gallien
und bezwang die Burgunder und Thüringer. Er vermählte sich
mit Klotilde, einer Nichte des burgundischen Königs, die in der
christlichen Religion erzogen war und ihren ganzen Einfluß aufbot,
ihren Gemahl zum Christen zu machen. Aber sein wildes Gemüth
widerstrebte der milden Lehre; doch als er gegen die Allemannen
zog und bei Zülpich lange nicht zum Siege gelangen konnte; als
gar seine Schaaren wankten und sich zur Flucht anschickten: da
gedachte er dessen, was ihm Kloiilde vom mächtigen Christen-
gotte erzählt hatte, und inbrünstig streckte er seine Hände zum
Himmel aus und betete: „Hilfmir, Jesus Christus! denn meine
Götter verlassen mich. Wenn du mir beistehst in dieser Noth,
so will ich an dich glauben." Und wie durch einen Zauber
ordneten sich die Reihen seiner Krieger und errangen mit der
alten Tapferkeit den Sieg. Chlodwig erfüllte nun auch sein
Gelübde: am nächsten Weihnachtsfeste ließ er sich feierlich zu
Rheims mit 3000 Franken taufen. Er vergrößerte sein Reich
immer mehr und gab ihm den Namen Frankenreich.
Die Deutschen waren nicht so rohe Barbaren wie die Hunnen.
Sie zerstörten nicht wie diese von Grund aus alles, was sie bei
den unterjochten Völkern vorfanden, sondern eigneten sich an,
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Extrahierte Personennamen: Bonifacius Attila Chlodwigs Jesus_Christus Chlodwig
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Europa Italien Konstantinopel Neapel Ungarn Italien Sachsen Chlodwigs Gallien
62
Geschichte.
und kräftig regiert. Sein Ruf verbreitete sich weit hinaus; selbst
auswärtige Fürsten suchten seine Freundschaft. Der griechische
Kaiser schickte ihm eine Orgel zum Geschenke. Man staunte
dieses Kunstwerk an und kennte seinen Bau nicht begreifen, denn
Niemand in Frankreich verstand bis dahin eine Orgel zu bauen.
Die damaligen Geschichtsschreiber erzählen: dieses bewunderungs-
würdige Tonwerkzeug habe bald das Rollen des Donners, bald
das sanfte Getön der Flöte nachgeahmt, und eine Frau, die sie
zum ersten Male spielen hörte, sei vor Schrecken in Ohnmacht
gesunken und bald darauf gestorben.
Nach Pipins Tode folgte 768 sein ältester Sohn Karl,
ein Mann voll Kraft und Verstand und dabei von so herrlichem
Gemüthe, daß er, wo er konnte, Gutes that, das Wohl^feines
Volkes nie vergaß und nur dann strafte, wenn er mußte. Es
ist nur zu bedauern, daß er während seiner langen Regierung
genöthigt war, fast ohne Unterlaß Krieg zu führen. Am meisten
machten ihm die Sachsen zuthun, die oft den kaum geschlossenen
Frieden brachen und neue Unthaten verübten. Dieses kriegerische
Volk bewohnte damals die weite Ebene zwischen der Elbe, dem
Niederrhein und der Nordsee. Geschützt durch unermeßliche Wäl-
der und Sümpfe, mehr aber noch durch angestammte Tapferkeit,
hielt es fest an den väterlichen Sitten und trotzte jeder fremden
Gewalt. Am meisten haßte es die übermüthigen Franken und
deren Religion. Voll Erbitterung fielen sie wiederholentlich in
das fränkische Gebiet und raubten und mordeten. Karl sah ein,
daß ohne völlige Unterwerfung dieser gefährlichen Nachbarn keine
Ruhe, keine Sicherheit für sein eigenes Reich zu gewinnen sei.
Auch hielt er sich als Christ im Gewissen verpflichtet, das Heiden-
thum und insbesondere die grausamen Menschenopfer unter den
Sachsen auszurotten und diese mit Gewalt zur Annahme des
Christenthums zu zwingen. Auf einer Versammlung der Franken
zu Worms, im Jahre 772, ward der erste Feldzug gegen sie
beschlossen. Er fiel glücklich für Karl aus; die Sachsen wurden
überwunden, baten um Frieden und erhielten ihn. Dann brach
Karl gegen Disiderius, König der Langobarden, auf, ging über
die Alpen, eroberte Oberitalien, setzte jenen König ab und verband
das Longobardenrcich mit dem seinigen. Doch ehe Karl alles in
Italien geordnet hatte, lief die Nachricht ein, die Sachsen seien
unter ihrem kühnen Anführer Wittekind mit Feuer und Schwert
in das Land der Franken eingedrungen. Blitzschnell flog er aus
Italien herbei. Seine Erscheinnng dämpfte sogleich die Empörung.
Auf dem Reichstage zu Paderborn erschien vor ihm eine Gesand-
schaft aus Spanien. Ein arabischer Fürst bat ihn gegen seinen
Sultan um Hilfe. Er versprach sie, brach nach Spanien auf
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl
72
Geschichte.
auch die Sachsen wurden des Kampfes müde; aber sein eigner
Sohn empörte sich gegen ihn, er wurde gefangen genommen und
seiner Würde entsetzt. Da ereilte den Ruhelosen der Tod und
endete ein Leben, das nur eine Kette von Leiden „ für die Sün-
den seiner Jugend war," wie er selbst sagte. Sein Sohn Hein-
rich V. hatte fast eben so große Kämpfe durchzufechten und starb
in der Blüthe seiner Jahre kinderlos 1125. Kurz vor seinem
Tode war die Hauptursache des langen Streites gehoben worden.
Der Kaiser versprach, sich in die Wahl der Bischöfe und Aebtz
nicht zu mischen, und der Papst gab zu, daß der^Kaiser die
Geistlichen bei weltlichen Aelptern mit dem Scepter belehnen
dürfe, wie dies bei den weltlichen Fürsten geschah.
England. Älfred der Große.
In dem von den Römern Britannien genannten Jnselreich
hatten sich, wie wir oben gehört haben, Angelsachen niedergelassen.
Die bedrängten Ureinwohner riesen ihre Nachbarn, die wilden
Schotten, zu Hilfe, wurden aber nun von den beiden Völkern
angegriffen und gänzlich unterdrückt. Viele wanderten über das
Meer nach Frankreich hinüber, und der von ihnen bewohnte Theil
dieses Landes erhielt den Namen Bretagne (Bretanj).
Nicht lange erfreuten sich die Sachsen und Angeln des ruhi-
gen Besitzes des eroberten Landes. Normannen, wie man die
deutschen Stämme in Norwegen, Dänemark und Schweden nannte,
kamen auf kleinen aber gut gebauten Schiffen herüber, Beute
suchend. Die kühnen Seehelden eroberten eine Provinz nach der
andern und forderten Tribut. Da trat unter den Angelsachsen
ein Held auf, Alfred mit Namen. Er versuchte die letzte Provinz
im Westen Englands zu vertheidigen, aber er war zu schwach;
besiegt und überwunden konnte er sich nur verkleidet retten.
Er trat bei einem Schäfer in Dienste, verrichtete ein ganzes
Jahr hindurch unverdrossen die niedrigsten Geschäfte, vergaß
aber in der Hütte die Noth seines Volkes nicht, sondern entwarf
Rettungspläne. Als er merkte, daß die Sachsen sich im Stillen
rüsteten, das drückende Joch abzuschütteln, gab er ihnen Nachricht
von seinem Aufenchalte. Bei der Schwierigkeit seines Unternehmens
entschloß sich Alfred, erst genaue Kundschaft einzuziehen. Als
Harfner verkleidet wanderte er ins feindliche Lager, zog singend
und spielend durch die Verschanzungen, spähte die Fehler und
schwachen Stellen derselben und die Zahl der feindlichen Kämpfer
auö; dann erst verließ er es, ohne Verdacht erregt zu haben, ver-
tauschte die Harfe mit dem Schwerte und führte die Seinen zum
Siege. Die Überwundenen huldigten dem kühnen Sieger,
TM Hauptwörter (50): [T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Alfred Alfred
Extrahierte Ortsnamen: Sachsen England Britannien Frankreich Sachsen Norwegen Dänemark Schweden Englands Sachsen Schwerte
42
Geschichte.
er fast unumschränkt. Ungeachtet seiner milden Regierung ent-
stand gegen ihn eine Verschwörung. Er ward in einer Senats-
versammlung erstochen.^ Seine Mörder, unter denen sich Brutus
befand, entflohen nach Griechenland, ---------; .
Octavianus Ä.ngustus.
Zum Haupterben hatte Cäsar seinen Verwandten ernannt,
den Octavianus, einen achtzehnjährigen Jüngling voll Heu-
chelei und Schlauheit. Dieser schloß mit Antonius und
Lepidus eine Verbindung, und es entstand eine zweite Drei-
männer-Herrschaft. Sie vertheilten auch jetzt die Regierung der
verschiedenen Länder unter sich. Um nun im ungestörten Besitze
der Oberherrschaft zu bleiben, kamen sie überein, alle ihre
Gegner zu vertilgen. Sie veranstalteten furchtbare Hinrich-
tungen; die edelsten und reichsten Männer wurden ermordet.
Antonius, der in Kleinasien seinen Sitz nahm, drückte dort die
Einwohner mit ungeheuren Abgaben und lebte als ein herzloser
Verschwender. Endlich verfeindete er sich mit Octavianus, der
ihn bekriegte und überwand. Als ihn in Aegypten seine Sol-
daten verließen, tödtete er sich selbst; das Heer des Lepidus war
schon vorher zu Octavian übergegangen.
Jetzt war Octavianus der alleinige Beherrscher des römischen
Reiches. Er ließ sich Cäsar nennen, woraus in der Folge das
Wort Kaiser entstanden ist. Er war also der erste römische
Kaiser. Man gab ihm auch den Namen Augustus (d. i. der
Erhabene). Da er von nun an mit vieler Klugheit und Mäßigung
herrschte, so vergaß man allmälig seine ersten Gränelthaten. Bei
aller Macht, die er besaß, nahm er das bescheidene Ansehen eines
Bürgers an. Er speiste, wohnte und kleidete sich nicht besser
als zuvor, nur hielt er zu seiner Sicherheit eine Leibwache.
Die römischen Bürger, geängstigt und erschöpft durch die
vielen innern Kriege, sehnten sich endlich nach Ruhe und Sicher-
heit ihres Besitzes. Beides fanden sie unter Augustus weiser
Regierung. Daher fühlten sie sich auch glücklich; alles athmete
und regte sich freier. Auch die Künste und Wissenschaften fingen
an emporzukommen. Das ungeheure Reich wurde durch neue
Eroberungen vergrößert; nur der Versuch, auch Deutschland
zu unterwerfen, gelang dem Augustus nicht.
Deutschland erstreckte sich damals vom Rhein bis^zur
Weichsel, von der Donau bis zur Nord- und Ostsee. Dichte
Wälder und weite Sümpfe bedeckten diese Heimath der alten Ger-
manen. Die Bewohner waren Halbwilde und besaßen weder
Städte noch Dörfer. Sie schweiften jagend über Berg und Thal,
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Extrahierte Personennamen: Brutus Brutus Cäsar Antonius Antonius Cäsar Augustus Augustus Augustus
Extrahierte Ortsnamen: Griechenland Kleinasien Deutschland Deutschland Rhein Donau Ostsee
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Große Völkerwanderung. Die Hunnen. Attila.
aus welchem kleine Augen wild hervorgucken. Sie tragen leinene
Kittel, auch Pelze von Waldmäusen; die Beine wickeln sie in
Bocksfelle. Ihre Speisen erfordern kein Feuer, kein Gewürz.
Sie leben von Wurzeln, wilden Pflanzen und rohem Fleische,
das sie wie einen Sattel auf das Pferd legen, es mürbe reiten
und dann verzehren. Häuser, ja Hütten kennen sie nicht. Umher-
schweifend im Freien und durch Wälder gewöhnen sie sich von
der ersten Kindheit an zur Ertragung der Kälte, des Hungers
und des Durstes. Von ihren Pferden sind sie unzertrennlich;
sie essen, trinken und schlafen daraus. Auch bei gemeinschaft-
lichen Berathungen sitzen sie alle zu Pferde. Ackerbau und
Handwerke kennen sie nicht; Religion und Gesetze sind ihnen
fremd. Der Krieg ist ihre größte Lust. Die Schlacht beginnen
sie mit einem fürchterlichen Geheule. Wie der Blitz fliegen sie
herbei, aber in demselben Augenblicke verschwinden sie auch schon
wieder, um schnell zurückzukehren; und kaum ist man ihrer gewahr
geworden, so erstürmen sie auch schon die Verschauzungen, oder
plündern das Lager. Dem Zuge der Männer folgen ihre schmutzigen
Weiber oder ungestalteten Kinder auf zahllosen, mit Fellen über-
zogenen Wagen. Treue und Glauben sind bei ihnen unbekannte
Dinge; wie die unvernünftigen Thiere wissen sie nichts von Recht
und Unrecht."
Die Hunnen drangen Anfangs bis nach Ungarn vor und
blieben dort gegen fünfzig Jahre, ohne sich um andere Völker
viel zu bekümmern. Dann erhoben sie sich aufs neue unter
ihrem Könige Attila. Von ihm rühmten die Hunnen, daß,
wenn er sein Schwert in die Erde stieße, hundert Völker zitterten
und Rom und Konstantinopel erbebten. Er war klein von Körper,
hatte einen großen Kopf, und seine funkelnden Augen, die er stolz
umherwarf, kündigten den Herrscher an. Er selbst war mäßig,
sprach wenig und trank aus einem hölzernen Becher; aber seine
Gäste speisten von Silber und Gold. Dieser Attila kam mit
700,000 wilden Kriegern nach Deutschland und zog, alles ver-
wüstend , nach dem Rheine zu. Er drang in Frankreich ein; mit
Feuer und Schwert bahnte er sich den Weg; die blühendsten
Städte wurden zerstört. ¿0-
In dieser Noth verbanden sich die Römer mit Theodorich,
dem.könige der Westgothen, zogen viele deutsche Hilfsvölker
an sich und stellten sich bei der Stadt Chalons an der Marne
dem Länderstürmer entgegen. Hier fiel nun im Jahre 451 die
große Völkerschlacht vor, eine der blutigsten, die je in Europa
geliefert wurde. Ueber 160,000 Leichen blieben von beiden Seiten
aus dem Platze. Attila wurde zum ersten mal geschlagen und
ging nach Ungarn zurück. Im nächsten Jahre aber faßte er neue
Rendschmidt's Lesebuch für obere Klassen. 4
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Extrahierte Personennamen: Attila Attila Attila Attila
Extrahierte Ortsnamen: Bocksfelle Ungarn Rom Konstantinopel Deutschland Rheine Frankreich Europa Ungarn